Medienecho

Potsdamer Neueste Nachrichten, 22. September 2009
Weiterarbeit trotz Unstimmigkeiten

Der Potsdamer Kunstverein und der Förderverein Pfingstberg wollen auch in Zukunft zusammenarbeiten. Wie der Kunstvereinsvorsitzende Andreas Hüneke den PNN erklärte, sei es trotz der vorzeitigen Beendigung der Ausstellung im Pomonatempel nicht zu einem Bruch zwischen den beiden Vereinen gekommen. (...) mehr

Potsdamer Neueste Nachrichten, 19. September 2009
Abgebaut – Pomonatempel-Ausstellung vorzeitig beendet

(...) Nun ist es zum Bruch gekommen. Wie der Potsdamer Kunstverein in einer Pressemitteilung erklärte, wurde die aktuelle Ausstellung »Danke für Obst!« der Berliner Künstler Karl Wedemeyer und Henning Fülle, die bis zum 25. Oktober präsentiert werden sollte, am gestrigen Freitag vorfristig abgebaut. (...) mehr

Märkische Allgemeine, 17. September 2009
Zerwürfnis im POMONATEMPEL

Die Kunstinstallation »Danke für Obst!« von Karl Wedemeyer und Henning Fülle wird nach Angaben des Potsdamer Kunstvereins (PKV) vorfristig am 18. September abgebaut. Grund seien nach Eröffnung der Ausstellung erteilte Auflagen des Pfingstberg e.V., die eine Einschränkung der Gestaltung bedeuteten. (...) mehr

Märkische Allgemeine, 8. September 2009
POMONATEMPEL: Danke für die Blumen
Gestaltete Landschaft von Karl Wedemeyer und Henning Fülle – von Arno Neumann

Diese Ausstellung ist die Negation ihrer selbst. Es wird nichts ausgestellt, was nicht schon vor Ort wäre. Es wird verstellt, um als Besucher hell- und weitsichtig zu werden. Einen gegenständlichen Anhaltspunkt im Ausstellungstitel »Danke für die Blumen« zu suchen, bringt nichts. Denn da sind im oder am Pomonatempel auf dem Pfingstberg keine Blumen. Verwirrung ist gewollt. Nichts wird dem Blick des Besuchers wohl angerichtet dargeboten. Die Mühen und Freuden des Suchens sind gefordert. Die optisch-sinnliche Ausbeute ist sparsam. (...) mehr

Thomas Kumlehn: Eröffnunsgrede vom 5. September 2009

Danke für Obst! – ein Arrrangement für den Pomonatempel

Anfangs war die Überlegung von Karl Wedemeyer und Henning Fülle, den sakralen Charakter des Gebäudes zu betonen. Eine oppulente Huldigung im Innern schwebte ihnen vor. Ein die Symmetrie der Cella aufnehmender Erntedank. Mit Altar, einem plätschernden, obstgefüllten Springbrunnen und zwei Sarkophagen (Readymades der aus denn Nischen entnommenen Holzverkleidungen) – gewidmet der Göttin Pomona, die als Namenspatronin des Tempels schon Friedrich Schinkel geläufig war. So, wie auch das weiter unterhalb der Kuppe des Pfingstberges gelegene Lusthaus, der Vorgängerbau, nach ihr benannt worden war. Temple de Pomone.

Vielleicht hätte die Ausstellungsidee als eine ebenerdige, kryptische Krypta Gestalt angenommen. Verwandelt in ein geordnetes Tohuwabohu aus heidnischen und heiligen Zeichen. Unter dem mit einem Zeltdach versehenen Freisitz, der auch überirdisch unsere Blicke in alle Himmelsrichtungen ausschwärmen lässt.

Statt des erzählerischen Charakters, der zu erwarten gewesen wäre, begegnen wir einer ungemein sparsamen, ja wortkargen Gestaltung. Diese resultiert vor allem aus einem Richtungswechsel des Blicks. War es zuerst das Innere der Cella, dem in den ersten Überlegungen die Aufmerksamkeit galt, entschlossen sich Karl Wedemeyer und Henning Fülle alsbald, den Blick entgegengesetzt, also vom Innern nach Draußen zu lenken. Ganz im Sinne der ursprünglichen Funktion des Gebäudes, das ja ein massives Lusthaus sein sollte. Gartenarchitektur eben, für den lustwandelnden Blick der Besitzer, Karl Ludwig Oesfeld und seiner Frau, Anna Katharina Elisabeth Gerlach, über beider weitläufiges Anwesen bei einer Tasse Tee.

Etwas irritiert von der stofflichen Verblendung des Haupteingangs betritt man seit heute den Pomonatempel. Man nimmt die annähernd quadratische Cella wahr, die bis auf den Fußboden reichenden nach Osten und Westen gelegenen Fenster; allerdings ohne die von Schinkel vorgeschlagenen »eisernen Gitter in Brüstungshöhe«. Je länger man darin verweilt, desto deutlicher wird, wie die charakterlosen Elemente des Innenraums die Klarheit des ersten Eindrucks herunterspielen. Das Unfertige (wie der Kamin) und mangels fehlender Überlieferungen Gleichmachende (wie die weiße Wandbemalung) oder gar das dem Architektengeschmack Entlockte (wie die Holzverkleidung der Nischen), all das lässt die Cella ein kaltes, ungastliches Neutrum sein. Freie Bahn für Interpretationen. Lediglich die Befundstellen strahlen einen zarten Hauch des gealterten Gebäudes ab.

Wäre da nicht das zugleich sichtbare Lichtspiel, welches aus West, Ost und Süd in den Raum gelangt. Unwillkürlich dreht sich der Körper und sucht das Freie mit dem Blick, sieht die Landschaft und adaptiert mit dem eigenen Verhalten die bereits beschriebene historische Teegesellschaft. Man nimmt im Geiste Platz, greift zur imaginären Tasse und schaut nach Süden. Nun scheint mittels der zwischen zwei Säulen aufgespannten Gaze der erste Blick verstellt zu sein. Jedoch erblickt man durch den Stoff die im Süden abfallende Landschaft unangestrengt, halbdurchsichtig wie das Gewebe ist. Die Gegend wirkt weichgezeichnet. Die Bildschärfe wird herabgesetzt. Es entsteht ein Verwischungseffekt, den Maler, wie Schinkel gern mit Wasserfarben erzeugten um die Konturen zu mildern und sanftere Übergänge gerade in der Landschaftsmalerei zu erzielen. Heutzutage benutzt manch ein Fotograf Weichzeichner in der digitalen Bildbearbeitung, um einer Bildvorlage einen romantischen oder traumhaften Charakter zu verleihen. Doch bleiben wir vor Ort.

Gestatten Sie mir jedoch einen historischen Exkurs: Dem Situationsplan von Michael Philipp Boumann aus dem Jahre 1793 kann man die damalige Aufteilung des Pfingstbergarreals entnehmen, der damals noch Judenberg hieß. Der Pomonatempel stand umgeben von den Familiengrundstücken Gerlachs und Oesfelds, die vorwiegend dem Weinanbau dienten. »Überall üppige Vegetation .. Der Pfingstberg hier ist nämlich mit Kirsch- und Weingärten bedeckt.« Abgesehen von 1 2/3 Morgen des Oesfeld im Osten, die als Plantage bewirtschaftet wurden. 24 Morgen reichten nach Süden und verliefen einem Handtuch gleich bis zum Weg nach der Bleiche, der heute nicht von ungefähr Große Weinmeisterstraße heißt. Eingeschlossen darin der Weinberg des Schäfers. Sprichwörtlich im Rücken saß Oesfeld der Müller Wendt, der sich gegen die von Schinkel geplante Höhe des Pomonatempels von 18 Fuß (das wären 5, 65 m gewesen) gegen Oesfeld durchsetzen konnte. Hans Kania schrieb: »Schließlich gelang es Wendt, die Höhe auf 17 Fuß zu drücken. Im Mai 1801 war der Bau vollendet.« Kania ist es auch, der überlieferte, dass Schinkel zeitgleich für Oesfeld eine Kinderwippe entworfen hatte, »auf welcher man durch die Schwingung des Holzes bewegt wird.« Wohl ebenfalls für seine Frau bestimmt gewesen, denn ihr Sohn, Carl Wilhelm von Oesfeld, war damals schon 20 Jahre alt. Und bewegte sich zielstrebig in den Fußstapfen seines Vaters, der als Kartograph zu Wohlstand und Ansehen gekommen war.

Auf dem einzig erhaltenen Entwurf, eine Vorderansicht Schinkels aus dem Jahr 1800, die sich heute im Stadtmuseum Berlin befindet, Feder in Schwarz, Aquarell, mit der Blattgröße 13,0 x 18,4 cm, erkennt man über der Eingangstür eine zweizeilige Aufschrift, die leider nicht lesbar ist. Wahrscheinlich wollte Schinkel die Textfassung dem Auftraggeber, Karl Ludwig Oesfeld, überlassen, der den neu erbauten Pomonatempel seiner Frau zum Geschenk machte. Ob es tatsächlich zu einem Widmungstext kam, ist nicht überliefert. Die Bauausführung lag nicht in Schinkels Händen. Grund genug, eine Überschrift für jegliches Tun im Umgang mit dem Gebäude mitzudenken.

Frönen wir der Natur, so wie sie sich uns zeigt und verschenkt. Danke für Obst! – ein Arrrangement für den Pomonatempel, nennen Karl Wedemeyer und Henning Fülle ihre Arbeit. In aller Klarheit und Reduktion machen sie die gegenwärtige landschaftliche Umgebung sichtbar. Nicht nur bezogen auf den gerade eintreffenden Herbst. Sie schärfen das Bewußtsein für das Hier und Jetzt. Je mehr man sich auf die Wirkung und auf den Sinn dieser künstlerischen Arbeit einlässt, desto mehr wird man sich bewusst, wie wenig von dem Eindruck geblieben ist, für den der Tempel 1801 erbaut worden ist. Man betrachtet das Vorhandene, was gleichzeitig das Überlieferte ist. Eingedenk der Tatsache, dass die heutige Gartengestaltung des Südhangs eine Sparversion des Landschaftsgartens ist, den Lenné 1862 im Auftrag Friedrich Wilhelm IV. in dessen Sinne entworfen hatte und trotz dessen Todes umsetzten lassen konnte. Reduziert auf Wegführung und auf pflegeleichten Bewuchs.

Karl Wedemeyer und Henning Fülle öffnen mit ihrer Arbeit unseren stillen Blick. Ein Blick, der das Zeitliche als Spur zu erkennen vermag, die uns mit unserer Kulturgeschichte verbindet. »Danke für Obst!« gleicht nicht dem Segen Sterbender für das Irdische, welches immer Worte des Abschieds sind. »Danke für Obst!« – ist eine Arbeit, die das Diesseits meint. Prägnant und überhaupt nicht salbungsvoll. Leicht und schwer zugänglich, wie ein Willkommensgruß, den man im leeren Raum vernimmt. Ein Ruf der die Nordwand der Cella berührt hat und als Echo in die Landschaft zurückkehrt. Begleitet von unserem Blick, den wir unwillkürlich über die Schulter geworfen haben. Ein Blick, der unseren Körper nachzieht.

Lassen Sie mich mit zwei Fragmenten aus dem Gedicht »Poetik« von Joachim Sartorius enden, geschrieben vor dem Jüngling von Myota, einer Marmorstatue, die 460 - 450 v. Chr. entstanden ist. Im selben Jahrhundert, wie das Erechtheion auf der Akropolis von Athen, dessen Nordfassade Schinkel für den Pomonatempel zitiert hat:

»Es ist Gaze, gesponnen
aus steinernem weißesten Stein.
Aus vielfach gebrochenem Flügel.

Es ist
auf Stilisierung aus: Plissé,
das die Stärke
der Wölbung verrät.«

Befolgen wir den am Ende des Poems enthaltenen Rat, haben wir auch im Umgang mit der transparenten Intervention von Karl Wedemeyer und Henning Fülle »die Freiheit, es zu verstehen oder nicht zu verstehen.«

Besonderer Dank für die Realisierung dieser Ausstellung gilt Kati Heimann und Jörg Kuschnier.